Es hat ein paar Tage gedauert, aber jetzt habe ich doch ein paar Anmerkungen zur Situation in den Mannheimer Kindergärten und Krippen. Wir BPW in Mannheim und Ludwigshafen sind empört und entsetzt!
Der Oberbürgermeister hat Wahlkampf geführt mit dem Plakat -1500 neue Kindergartenplätze- und jetzt reduzieren die Stadt und die kirchlichen Träger die Betreuungszeiten von 46 auf 41 Stunden in der Woche. Alle Einrichtungen öffnen ab September 2024 erst um 8 Uhr. Dadurch können 300 Kinder mehr eine Einrichtung besuchen, als wenn die bisherigen Zeiten bestehen bleiben.
Also ein notwendiger Kompromiss? Ist doch gar nicht so schlimm?
DOCH!
Als Arbeitgeberin von 7 Frauen, davon 3 mit jüngeren Kindern, bin ich selbst im Großmutter-Alter immer noch von Kindergartenzeiten abhängig.
Wie soll eine Praxis, ein Geschäft, eine Apotheke, ein Handwerksbetrieb arbeiten, wenn die Mitarbeiterinnen erst um 8.30 Uhr erscheinen können? Wie sollen Öffnungszeiten am Nachmittag realisiert werden, wenn die meisten Kinder schon bis 14 Uhr oder noch früher abgeholt werden müssen?
Wie sollen Alleinerziehende aus dem Bürgergeldbezug kommen, wenn ihre Kinder oft überhaupt keinen Betreuungsplatz erhalten?
Wo bleibt die Flexibilität, die von allen ArbeitnehmerInnen gefordert wird, bei den städtischen und kirchlichen Einrichtungen?
Die späteren Öffnungszeiten sind nach einer Umfrage bei allen Eltern zustande gekommen. Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, die Bedürfnisse v.a. der Berufstätigen zu erfragen.
Ja- pädagogisch wertvolle Betreuung aller Kinder ist wichtig- aber die Ermöglichung von Berufstätigkeit vor allem der Frauen ist es auch!
Und wie ernst kann man das Wehklagen über fehlende Fachkräfte nehmen, wenn die vorhandenen Fachkräfte leider nicht aus der Elternzeit zurückkommen können?
Und wer damit argumentieren will, dass das früher doch auch alles geklappt hat- der hat vergessen, dass früher auch ein Facharbeiter Gehalt gereicht hat, um eine mehrköpfige Familie in der Stadt durchzubringen.
Und wo bleiben jetzt eigentlich die IHK, die Arbeitgeber-Verbände und alle, die angeblich händeringend nach Personal suchen mit konstruktiven Vorschlägen statt dem alleinigen Ruf nach der Stadt?
Wo ist der Topf, in den alle (!) Arbeitgeber einzahlen und der ausschließlich für Kinderbetreuung verwendet wird?
Wieso versuchen wir es nicht mit Marktwirtschaft und bezahlen die Ausbildung der Erzieherinnen? 3 Jahre unbezahlte Ausbildung muss man sich erst mal leisten können.
Wo sind die Betriebskindergärten der großen Firmen, die mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein sind? Genügend leerstehende Büros oder die oberste Etage des Kaufhof am Paradeplatz stehen zur Umwidmung bereit!
Und warum ist die Kinderbetreuung nicht bei der Wirtschaftsförderung angesiedelt?
Oder ist es am Ende wieder die Angelegenheit der betroffenen Mütter, die selbst sehen sollen, wie sie mit ein wenig Kreativität und Einsatz diese kleine Zusatzaufgabe wuppen?
Wir fordern die unflexiblen Vorgaben zu den Öffnungszeiten zu überdenken und es den Einrichtungen zu überlassen, wie sie ggf. gestaffelt die Kinder betreuen.
Migrantinnen mit z.T. langjähriger pädagogischer Berufserfahrung sollten schnellstmöglich als Anerkennungspraktikantin eingestellt und dann in den regulären Betrieb übernommen werden.
Zusätzlich sollen in den Randstunden studentische Hilfskräfte, Leih Omas, ggf. Eltern unterstützen dürfen.
Leerstehende Büros müssen unbürokratisch zu Betreuungseinrichtungen umgebaut werden können.
Das nützt am Ende den Eltern und ihren Kindern- die sollen später schließlich Steuern und die Rente von allen zahlen!
Dr. Kristiane Palm
1. Vorsitzende BPW Mannheim - Ludwigshafen